Ich gebe hier mal meinen Senf dazu...
Erstens: "Angsthund" ist nicht gleich "Angsthund" - die unterschiedlichen Dimensionen, die sich hier ergeben können sind riesig und wo beim einen "Angsthund" ein paar Leckerchen und zwei Wochen ausreichen, damit alles gut ist, frisst ein anderer monatelang nur, wenn ihm keiner zusieht und braucht mitunter sehr lange, um halbwegs in der Gegenwart von Menschen zu entspannen. Ich persönlich tu mir somit immer schwer damit, die "Angsthunde" aus dem Tierschutz in einen Topf zu werfen und noch schwerer mal locker flockig gegebene Ratschläge zu lesen und welche zu geben.
Zweitens: eine der allgemeinsten Erfahrungen, die ich mit ängstlichen Hunden aller Art machen durfte, vor allem aber bei jenen, die sich nicht mit drei Leckerlis und einmal Hinhocken beruhigen lassen... je mehr man versucht sie zu "ändern", umso mehr machen sie dicht. Der erste Schritt wäre für mich somit immer
Akzeptanz. Akzeptiert, dass euer Hund Angst hat! Respektiert seine Grenzen! Das ist die Basis, um Vertrauen aufzubauen. Erst wenn dieses Vertrauen da ist, macht Training (auch die beste "positiv basierte XY-Methode") überhaupt Sinn. Wenn der Hund Nähe sucht, ist das toll. Wenn nicht ist es auch toll. Dass er Rückzugsorte haben sollte und der Haushalt im Allgemeinen eher ruhig als turbulent geschaffen sein sollte, erklärt sich von selbst (aber ich sag's halt dennoch mal). Viele Versuche sich aufzudrängen, auch wenn es gut gemeint und mit lieben Worten und Käse begleitet ist, sind aber oft kontraproduktiv. Diese Hunde brauchen Akzeptanz, Zeit und Verständnis. Die Menschen müssen lernen von ihrer (verständlicherweise) enttäuschten Idee, wie das Leben mit dem Hund so werden wird, zumindest für die erste Zeit Abstand zu nehmen. Die Erwartungshaltung steht nämlich meist im Gegensatz zu dem, was der Hund braucht. Das ist schwer, weshalb Angsthunde (vor allem jene, die nicht nur ein wenig unsicher sind
) für mich immer noch zu den großen Herausforderungen gehören, die Mensch sich stellen kann.
Stellt euch darauf ein, dass es Zeit brauchen wird, und zwar evtl. nicht nur ein paar Wochen. Freunde von mir sind mit ihrer ängstlichen Hündin aus dem Tierschutz nun nach einem dreiviertel Jahr zum ersten Mal spazieren gegangen - das war ein langer Weg und es kommt noch mehr auf sie zu, aber dieser Weg lohnt sich zu gehen, denn es gibt auch nichts Schöneres, als diesen Hunden zuzusehen, wie sie Vertrauen gewinnen und lernen ihr Leben zu lieben. Viel Spaß, viel Geduld, viel Kraft (wenn's mal wieder nicht einfach ist) und viel Erfolg wünsch' ich!