Ich glaube hier ist ein wenig Paranoia im Umlauf. Es wird Tierärzten und Verbänden unterstellt sie würden bewusst auf eine kürzere Lebenserwartung hin züchten bzw. dahingehend unterstützend wirken? Also bitte ... Das ist eine recht dumme Theorie. Unterstellt ihr Humanmedizinern auch krankmachende Geldmacherei? Wohl kaum, denn ansonsten stiege die Lebenserwartung bestimmt nicht. Warum sollten also Tierärzte, die einen ähnlichen Eid wie die Humanmediziner leisten, also anders handeln?
„Die/der Tierärztin/Tierarzt ist berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestandes beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist kein Gewerbe; er ist seiner Natur nach ein freier Beruf. Die/der Tierärztin/Tierarzt ist der berufene Schützer der Tiere.“
– §1 der Bundestierärzteordung
Unterstellt ihr allen Tierärzten sie seien im Grunde genommen Sadisten?
Unterstellt ihr Züchtern sie seien alle Sadisten, die sich einen Spaß daraus machen kauputte Hunde zu züchten?
Fakt ist, den VDH gibt es seit 1906, FCI seit 1911. Das sind nur knapp 100 Jahre seit man sich intensiv mit gezielter "Zucht" beschäftigt. Da werden Fehler gemacht, genau wie in der Humanmedizin und Genetik ist - wie wir alle wissen - ein Kapitel für sich.
Der Boxerklub beispielsweise hat sich erst Anfang diesen Jahres, nach mehr als 80 Jahren dazu durchringen können, weiße Boxer wieder auszustellen und - nach Genehmigung der HV Anfang nächsten Jahres - auch wieder zur Zucht zuzulassen. Warum? Weil irgend ein Idiot mal dachte, weiße Boxer seien kranker als ihre farbigen Artgenossen und im Kriegseinsatz einfacher zu entdecken. Dieser Dummfug hielt sich also mehr als 80 Jahre in den Köpfen der Menschen fest. Weiße Welpen wurden bis zum Tieschutzgesetznovelle, welche das Töten von gesunden Welpen verbietet, munter "entsorgt". Jetzt hat ein Umdenken stattgefunden. Man erkannte, dass man sich den Genpool selbst künstlich "beschnitten" hat. Mit einer Vergrößerung desselben, verringert man letztlich das Auftreten von Gendefekten.
Seriöse Züchter sind jedenfalls darauf bedacht möglichst langlebige Hunde zu züchten, anderenfalls würden sie sich ja ins eigene Bein schneiden, denn wer möchte schon alle paar Jahre mehr als 1000 Euro für einen Hund ausgeben? Es verhält sich hier wie bei allen Dingen: Qualität und Langlebigkeit sind es worauf wir Menschen aus sind. Glaubt ihr Person X kauft nochmal einen Hund von Züchter Y wenn der Vorgänger nur 5 Jahre lebte? Wohl kaum. Investition und Nutzen stehen in keinem Verhältnis und der "Kunde" merkt das. Warum glaubt ihr, dass die ehemalige "Modehunderassen" einen immensen Rückgang an Käufern zu verzeichnen haben?
Man schaue sich nur mal die Entwicklung beim Deutschen Schäferhund oder Teckel seit 1999 an:
http://www.vdh.de/alles_fuer_medien/welpenstatistik_list.php?suche=&sort=2007&go=Go!
Irgendwann macht es Klick beim Züchter und beim Konsumenten und beide denken sich: Oha, da läuft was schief. Der Züchter erkennt, dass sich massive Probleme manifestiert haben (bspw. HD) und der Kunde, dass er eine Unmenge Kohle in einen Hund stecken muss, damit dieser wenigsten schmerzfrei seinen Lebensabend, der viel zu schnell herbeielt, geniessen kann.
Warum wohl wird mittlerweile wieder auf Deubel komm raus auf die "Arbeitslinie" beim Dt. Schäferhund das Hauptaugenmerk gelegt? Anzeigen wie "DDR-Blut", "alte Arbeitslinie", "alter Schlag", "reine Arbeitslinie" sprechen Bände.
Natürlich prangere ich unkontrollierte, unbedachte Zucht an, deswegen ja auch mein thread bzgl. Modehunde, aber deswegen gleich zielgerichtetes sadistisches Verhalten hinter den Denkweisen von Verbänden und Tierärzten zu vermuten? Nein, wohl nicht.
Es sollte vorausschauender und vor allen Dingen schneller gehandelt werden, sobald Probleme auftauchen, die einer Rasse zum Nachteil gereichen (extreme Brachycephalia, starke HD, Gendefekte etc.).
Im übrigens glaube ich, nein, bin ich der festen Überzeugung, dass sich die meisten User hier nicht darüber im klaren sind welche Kosten ein VDH Züchter letztlich hat. Die wenigsten machen echten Gewinn mit ihren Welpen. Ich frage jetzt mal so ganz unverblümt: Wie glaubt ihr bekommt man denn - beispielsweise - eine Zuchtzulassung im Dt. Boxerklub? Welche Vorraussetzungen müssen erfüllt sein? Welche Untersuchungen gelaufen? Wie müssen die Welpen versorgt werden? Es ist einfach so, dass - ich kenne einige (Boxer-) und (Münsterländer-) Züchter - die mir bekannten Züchter froh sind mit +/-/0 aus der Zucht hervorzugehen.
Dann noch ein Punkt:
Ich denke, den meisten Züchtern geht es um Anerkennung. Was sie für einen tollen Hund haben... und der hat schon sooo viele Preise gewonnen!
Erstens glaube ich kaum, dass Du "die meisten" Züchter persönlich kennst, dass Du etwas derartiges unterstellen kannt. Zweitens profiliert sich wohl kaum der Züchter mit den Preisen, sondern eher der Käufer. Der Züchter versucht mit Hunden zu züchten, die die Eigenschaften einer bestimmten Rasse erhalten bzw. verbessern. Dazu werden nunmal Zuchtschauen besucht, wo (z.T. leider selbsternannte Experten) Hunde nach bestimmten Kriterien beurteilen. Der Züchter verlässt sich (leider auch oftmals blind) auf diese Urteile und verpaart Sieger 1 mit Sieger 2. Voila ... die Problemlawine beginnt.
Um mal ansatzweise dieses Problem zu verdeutlichen, hier ein paar Bilder von Deutschen Boxern aus West/Nordeuropa, England, Südeuropa und Nordamerika. Man halte sich vor Augen, dass ALLE Länder bzw. Dachverbände auf EINEN Standard zurückgreifen. Theoretisch müssten also alle Siegerboxer dieselbe Statur besitzen, gelle?
http://www.worldwideboxer.com/style3.html
Tun sie aber nicht. Blättert ruhig mal durch die Seiten. Wenn ihr des Englischen nicht so mächtig seid auch egal. Die Bilder sollten ihr übriges tun.
Warum ich jetzt damit um die Ecke komme?
Vergleicht mal die Kopfformen:
http://www.worldwideboxer.com/style8.html
Könnt ihr die Boxer erkennen, die höchstwahrscheinlich oftmals Atemprobleme haben?
Zucht ist ein schwieriges Kapitel und der Mensch lernt leider nur langsam aus seinen Fehlern. Aber die Zucht deswegen verteufeln würde ich nicht.