Nun halten wir uns vor Augen, dass nicht jede Rasse so alt ist, wie es Pitbull, Stafford und Co sind. Viele heutigen Hunderassen sind noch relativ jung, ein paar Jahrzehnte, und dennoch hat man es in diesen Jahrzehnten geschafft, sie von ihren Ursprüngen zu entfernen, sie äußerlich wie charakterlich anzupassen. Aggression ist in so gut wie allen Zuchtvereinen ein K.o.-Kriterium - mit aggressiven Hunden wird schlichtweg nicht gezüchtet in einer seriösen Zucht. Und es existieren teilweise signifikante Unterschiede zwischen einer Rassepopulation, die aus seriöser Zucht stammt, und einer Population, die ohne Kontrolle gezüchtet wird. Wenn man wirklich herausfinden möchte, ob "Kampfhunde" aggressiv sind, müsste man vergleichen, wie die einzelnen Hunde aufwachsen, was sie prägt, wie sie erzogen werden, welche Hunde über Generationen hinweg verpaaart werden. Ich traue mich sagen: Mit Sicherheit stammt der größte Teil an Pitbull, Stafford und Co. und deren Mischlingen NICHT aus einer seriösen Zucht, wo auf optimale Verpaarung und Sozialisierung geachtet wird. Dann ist es letzendlich nicht die Rasse, die Probleme verursacht, sondern, wie immer, der Mensch.
Aufgrund der historischen Geschichte dieser Hunderassen ziehen sie leider oftmals ein bestimmtes Klientel an, wodurch ein Teufelskreis entsteht. Hunde werden zu Kampfhunden gemacht, weil sie früher einmal Kampfhunde waren. Dabei kenne ich persönlich Hunderassen, die sich viel leichter abrichten lassen und eine viel niedrigere Reizschwelle haben, als molossoide Terrier. Zum Beispiel den Malinois. Schäferhundartige haben sehr oft auch eine ganz bestimmte Art zu beißen. Sie schnappen zu, lassen los, schnappen wieder zu, lassen los, und rucken dabei herum. Was letztendlich mehr und großflächigere Verletzungen hinterlässt als ein Hund, der einfach nur zupackt.
Man sollte sich bewusst machen: JEDER Hund hat Zähne. JEDER Hund hat eine ihm eigene Reiz- und Frustrationsschwelle, die zum Teil trainiert werden kann, zum Teil genetisch bedingt ist. Es gibt hochspezialisierte Hunderassen, die genetische Voraussetzungen mit sich bringen, die nur schwer bis gar nicht einzudämmen sind. American Pitbull terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier sind seit rund 100 Jahren, teilweise seit mehr als 150 Jahren Hunderassen ohne Spezialgebiet. Sie werden seit Ewigkeiten nicht mehr gezielt für eine bestimmte Sache gezüchtet, außer Begleithund zu sein. Je weniger spezialisiert eine Rasse ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie aufgrund fehlender, rassespezifischer Triebbefriedigung spezielle Frustrationen zeigt, die in Aggressionen umschlagen können (was nicht heißen soll, dass unspezialisierte Hunde nicht so richtig aggressiv sein können - aber ein passionierter Jagdhund wird bei fehlender Triebbefriedigung sehr wahrscheinlich viel frustrierter sein, als ein Hund ohne nennenswerten Jagdtrieb).
Alles in allem kann ich deinen Ausführungen wohl folgen. Aber sieht es in der Realität nicht so aus, daß nur ein schwindend geringer Anteil der angesprochenen Hunde aus seriöser und verantwortungsvoller Zucht stammen?
Was Mali und Co. angeht - ich habe in den vergangenen Jahren auch einige kennengelernt. Wenn ich mir vorstelle, daß solche Hunde in ungeübte Hände kommen, wäre mir persönlich Angst und Bange. Mir ist es unerklärlich, wie solche Hunde noch heute an jedermann verkauft werden dürfen.
Torsten