Ich denke auch, dass Hundeelend nicht durch Ups-Würfe entsteht. Sondern durch gezieltes Vermehren und Achtlosigkeit in allen Bereichen. Man lässt seine läufige Hündin gedankenlos frei laufen, man "schaut mal, ob was passiert", oder lässt sie absichtlich decken.
Würfe entstehen in den seltensten Fällen unbeabsichtigt. Und wenn das Unglück schon geschehen ist, schmiedet sich die Kette weiter. Denn anstatt sich ernsthafte Gedanken um die Vermittlung zu machen, werden Welpen in der Mülltonne entsorgt, ersäuft, ausgesetzt oder verramscht. Dass durch diese Aspekte im Tierschutz generell kastriert wird, verstehe ich aber absolut.
Allerdings finde ich, darf man das Thema Kastration nicht einfach nur emotional sehen, sondern muss auch die medizinischen Aspekte betrachten. Bei dir, Labbibube, weiß ich nicht, ob man sich ernsthaft mir dir darüber unterhalten kann, weil ich leider das Gefühl habe, dass du dich für deinen eigenen frühkastrierten Rüden unentwegt zu rechtfertigen versuchst (was du meiner Meinung nach nicht musst, jedenfalls nicht so vehement) und deshalb für die medizinische Betrachtung gar nicht zugänglich bist. Fakt bleibt, dass dein Timmy größer ist, als er sein sollte und Hochwuchs eine der Konsequenzen sein kann, die eine Frühkastration nach sich zieht. Kommen dazu, als Folge der Frühkastration, ein schwaches Bindegewebe und unausgereifte Muskeln... Natürlich sind diese Konsequenzen kein MUSS, aber dass eine Kastration vor oder während der Pubertät zu Hochwuchs und einem instabilen Skelett, Gelenkbeschwerden, schwachen Muskeln und Bindegewebe führen kann, weiß man, im Bezug auf die menschliche männliche Kastration, schon seit den 60er Jahren. Es wäre schon etwas naiv anzunehmen, dass Tiere davon ausgenommen sind, soooo einzigartig ist der Mensch nun auch wieder nicht.
Es ist ja nicht nur Udo Gansloßer, der sich mit den medizinischen Folgen der Kastration und Frühkastration beschäftigt. Zu diesem Kreis gehören eine Vielzahl von Biologen. Und wenn ich mich auf den Eingangstext beziehe, lese ich da nirgendwo heraus, dass Herr Gansloßer "gegen die Kastration" ist, sondern lediglich, dass eine Negation aggressiven Verhaltens bei Rüden nicht einfach mit einer Kastration geschehen kann, da Aggressionen eben nicht gleich Aggressionen sind. Wenn der eigene Fiffi jeden Hund, der ihm auf seiner Pipirunde begegnet, gleich auffressen will, ist es ein Unding, diesen einfach zum Pferdedoktor zu kutschieren und ihm die Kronjuwelen abschnippeln zu lassen. Vielmehr geht es doch in dem Text darum, wann eine Kastration tatsächlich sinnvoll ist und wann sie einfach nur aus Bequemlichkeit geschieht und dass man immer im Hinterkopf behalten muss, dass eine Kastration schaden KANN.
Der Hauptgrund, aus dem Rüden kastriert werden, ist die prophylaktische, also vorsorgliche Entgegenwirkung eventuellen aggressiven Verhaltens (was, mit Verlaub, riesengroße ******e ist. Man kann doch nicht einfach einen Hund operieren lassen, um etwas zu negieren, was noch gar nicht geschehen ist und vielleicht sogar nie geschehen wird) und die Aufhebung oder Abmilderung bereits ausgebrochenen aggressiven Verhaltens. Und im Bezug darauf nimmt Herr Gansloßer Stellung und sagt, dass das so einfach nunmal nicht ist und man seinem Hund, wenn man ihn aus diesen Gründen kastrieren lässt, oft mehr schadet als nutzt. ganz besonders, weil Hundebesitzer diesbezüglich nur vor Augen haben, was sich eventuell bessern kann, aber nicht, was im Körper des Hundes genau geschieht. Und mal ehrlich, wie viele Tierärzte klären darüber genau auf?
Und: Warum keine Sterilisation? Warum wird darüber nicht einmal nachgedacht? Ich habe damals auf die Kastration meiner Hündin bestanden, weil sie mir ein gefühl der Sicherheit vermittelte. "Es ist wirklich alles raus, da kann nichts mehr passieren". Jetzt, wo ich mich mehr damit beschäftigt habe, stelle ich fest, dass es eine Sterilisation genauso getan hätte. Auch beim Rüden. Wenn es uns wirklich nur darum geht, ungewollten Nachwuchs zu verhindern und nicht darum, uns unsere Hunde "konstruieren" zu lassen, warum dann keine Sterilisation? Das frage ich mich auch beim Tierschutz. Warum keine Sterilisation? Billiger, schneller, schonender. Und der Hund erhält alle Sexualhormone, die er für sein Wachstum und sein Erwachsenwerden braucht. Er kann nur keinen Nachwuchs mehr zeugen und das ist es doch, was letztendlich zählt.
Übrigens finde ich die Gegenüberstellung der Frühkastration mit einem Wurf eher seltsam. Einfach weil ich es generell Blödsinn finde, wenn ein Schlechtes mit einem anderen Schlechten aufgewogen werden soll, um eines davon zu rechtfertigen. Dieses Phänomen findet man überall und bei jedem Thema und es zieht absolut nie. Ich denke, dass es einem frühkastrierten Hund, der mit HD, ED und einer Inkontinenz kämpfen muss, herzlich egal ist, ob im Hof einer Bierbrauerei neun Mischlingswelpen auf die Welt gekommen sind. Oder soll er sich jetzt sagen: "Egal, immerhin war ich nie dazu in der Lage, Nachwuchs zu zeugen, da lohnt sich das Leiden allemal."