Prinzipiell ist es mir egal, wie jemand arbeitet, ich bin sicher niemand, der der Meinung ist, alles in der Hundeerziehung sei rosarot und ich sehe ein Vibrationshalsband nun auch nicht per se als aversives Hilfsmittel an... Aber ich muss jetzt mal ein wenig provokativ sein :frech3:
Ich nehm mir mal nur die beiden Aussagen her...
Im hohen Erregungszustand sollen Hunde Schmerz ja wirklich nicht wie sonst wahrnehmen.
Aber auch hier möchte ich noch mal den Unterschied betonen: Mir geht es primär darum Abby aus dem hetzen mit einem körperlichen Impuls rauszuholen, damit sie anschließend für einen Rückruf empfänglich ist. Ohne dass man weiter am Rückruf arbeitet würde ein harmloses Kribbeln nicht funktionieren. Will man das jagen an sich auf eine große Distanz bestrafen und durch die Strafe unterbrechen, müsste man vermutlich wirklich zu etwas schmerzhaftem greifen.
Kribbeln führt (zumindest bei uns) nur zu "Oha, wie, wo, was? Wo bin ich? Oh, Frauchen ruft ja.". Abby reagiert verdattert, guckt sich um, wird wieder ansprechbar. Entsprechend selten darf man es nur verwenden.
Wie erklärst du dir, dass Hund zwar in einem solch hohen Erregungszustand ist, dass er kaum Schmerzen wahrnimmt, nichts mehr hört, in seiner eigenen Welt ist, etc.... dann aber auf ein einfaches Vibrieren derart stark reagiert? Das passt für mich ehrlich gesagt nicht so wirklich zusammen. Entweder der Erregungszustand ist nicht so hoch oder das Vibrieren ist für den Hund ein derart starker Reiz, dass er ganz sicher nicht neutral ist :zwinkern2:
Ich stimme voll zu, dass Hunde, die wirklich im Hetzen sind, nicht mehr viel wahrnehmen. Deshalb spare ich mir in einem solchen Fall auch das Rufen - bin ich in dieser Situation habe ich auf allen Ebenen davor versagt, leine meinen Hund danach an, um zumindest noch irgendwie darauf zu reagieren, aber primär muss ich mich selbst an der Nase nehmen. Und ja, das ist mir schon genauso passiert, wie jedem anderen auch. Aber wenn ich einen Hund habe, der mir regelmäßig derart stark ins Hetzen fällt, sollte ich mich fragen, ob ich nicht bei einigen Schritten davor verabsäumt habe sauber zu trainieren. Ich halte Abbruchsignal oder Rückruf für die letzten Glieder in einem sauberen Anti-Jagd Training, die eigentlich nur dazu da sind zu greifen, wenn alles andere davor nicht greift. Du kannst dir das Ganze wie ein Stufensystem vorstellen, die Basis ist eine generelle Aufmerksamkeit beim Spaziergang, das wichtigste Bindeglied ist das richtige Verhalten bei Wildsichtung (Stehen bleiben und umdrehen) und erst wenn da überall was schief gegangen ist, rufe ich als letzte Instanz.
Ich muss bei meinen fertigen Hunden (Cira, Cotya & Mia) üblicherweise nicht rufen, wenn das Wild nicht wirklich sehr nahe ist und selbst dann ist es nicht immer nötig. Diese Hunde schaffen 90% ihrer Wildbegegnungen, ohne dass ich groß was sagen muss und nur in den anderen 9,5% kommt mal ein Kommando. Die drei sind seit Jahren keinem Wild mehr nachgelaufen. Selbst bei Loomie hatte ich schon Situationen, wo ich gerade auf einen anderen Hund konzentriert war, sie dort im Feld mehrere Hasen sieht, die ich noch gar nicht gesehen habe, der Hund hibbelig dasteht, mich anschaut, die Hasen anschaut, mich anschaut, die Hasen anschaut, ... bis ich es dann bemerke und sie dafür bestätigen kann. In diesen Fällen war bei Loomie das Wild zwar immer etwas entfernt (wir reden von 30-50m), aber bei dem Hund immer noch eine Hammerleistung, die ich mir früher nicht erträumt hätte. Loomie ist in ihrem ganzen Leben genau 3x einem Hasen nachgelaufen und das letzte mal ist gut ein Jahr her.
Die Form von Training, die ich auf der ersten Seite hier auf Wunsch beschrieben habe, basiert NICHT darauf, dass man einen derart starken Rückruf hat, dass er einen Hund mitten im Hetzen runter dreht (oder ihn entsprechend mit Hilfsmitteln verstärkt). Es basiert darauf, dass der Hund gar nicht erst hetzen geht. Und ich bin davon überzeugt, dass man damit auch bei einem stark jagdtriebigen Hund durchschlagende Erfolge erzielen kann, wenn man es entsprechend sauber trainiert. Aber ja, das ist viel Arbeit, auch für den Menschen sehr anstrengend und schränkt den Hund gerade zu Anfang unter Umständen auch mal ziemlich ein. Ich persönlich würde dennoch immer diesen Weg gehen, weil mich das Ergebnis jedes Mal wieder überrascht und überzeugt...